“Momentan ist alles irgendwie in”
Wissen, was Kunden wünschen, bevor diese es selbst wissen. Trends entdecken, interpretieren und in fertige Produkte umsetzten: In der schnelllebigen Schuhbranche sind dafür Herzblut, modisches Gespür und Weitblick gefragt; aber auch langjährige Erfahrung und handwerkliches Geschick.
Marc Tüchthuisen bringt all diese Qualitäten mit und designt seit fünf Jahren Schuhe für Deichmann.
Aufgewachsen ist der gelernte Schuhdesigner und Entwicklungsmodelleur in der „Schuhstadt“ Kleve am Niederrhein. Während seiner Kindheit verbrachte er viel Zeit im Schuhladen der Eltern eines Freundes. Vom Ledergeruch inspiriert und von den vielfältigen Kollektionen fasziniert, war sein Karriereweg früh vorgezeichnet. Die Ausbildung bei einem Kinderschuhhersteller hat der ambitionierte Designer dann als Sprungbrett genutzt, um Schuhdesign zu studieren und seinen Traumberuf von der Pieke auf zu lernen.
Designer Marc Tüchthuisen
Im Lauf seiner Karriere hat Marc Tüchthuisen Schuhe für so ziemlich jeden Fuß und jede Gelegenheit entworfen: von Kinderschuhen für die Firma Elefanten über Damen- und Herrenschuhe bei Romika bis hin zu Sportschuhen für Puma. Damit deckt der so genannte Linebuilder die gesamte Schuh-Palette ab und weiß, worauf es jeweils ankommt. Seine private Leidenschaft sind allerdings Sneaker, von denen der Schuhdesigner und -liebhaber so manches Paar im Schrank hat.
Von der kreativen Idee zum Trendmodell
Interview
Fragen an den Designer Marc Tüchthuisen
Sammelt man als Schuh-Designer privat Schuhe?
Sicherlich hat ein Schuhdesigner mehr Schuhpaare als andere Berufsgruppen – ich denke, das ist normal. Eine Art „Berufskrankheit“ sozusagen.
Wie viel Paar Schuhe haben Sie?
Ich weiß es nicht genau, es werden so ungefähr 400 Paar sein.
Welche Schuhe tragen Sie am liebsten?
Am liebsten Sneaker und Sportschuhe.
Was ist Ihre Lieblings-Styling-Epoche?
Lieblingsepoche sind für mich persönlich die kompletten 80er und 90er Jahre. In dieser Zeit habe ich bewusst verschiedene Schuhmodethemen wahrgenommen und differenziert.
Welchen Trend der vergangenen Jahre würden Sie gerne wieder aufleben lassen?
Die Modebranche und somit auch die Schuhbranche sind sehr schnelllebig, irgendwie habe ich das Gefühl, alles ist momentan angesagt und in – egal ob Jeans-Röhre oder weit geschnittener, aufgepeppter Faltenrock mit weitem Oberteilzopfmuster. Bei den Schuhen: spitze Leistenformen oder eher abgerundete Sohlenoptiken, Sneakertypen, Mokassinschuhe oder Cowboystiefel – alles ist irgendwie trendy. So besteht keine Notwendigkeit, einen bestimmten Trend aufleben zu lassen, weil es einfach alles gibt momentan.
Was sind die Trends der kommenden Saison?
Ich denke, wir werden in den nächsten Schuh-Kollektionen zwei wichtige Trendthemen sehen: Zum einen die edlere Schuhtypen, Mokassin-Machart, rahmengenähte Schuhe und Stiefelmodelle in sehr hochwertigen und edlen Lederoptiken, zum anderen werden die so genannten Naturtypen mit flachen und leichten Sohlen dominieren, einfache Leinenstoffe, Espandrillo-Styles, Segelschuhe und Flechtmaterialeinsätze in Naturoptiken.
Was ist wichtig, wenn man Schuhe für eine so große Kundschaft entwickelt?
Ein großer Vorteil ist sicherlich, den aktuellen Modetrend rechtzeitig zu erkennen und diesen dann umzusetzen.
Immer mehr Computerprogramme und Apps lassen Laien zu „Designern“ werden. Was halten Sie von diesen virtuellen Spielereien?
Davon halte ich gar nichts. Ich bin der Meinung, dass Kreativität, Design, Entwurf, Gestaltung und alles, was zur Produktentwicklung noch dazugehört, ein gewisses Maß an Know-how verlangen. Das ist für mich ein kostbares Handwerk und kann nicht im Internet auf irgendwelchen Apps oder Crashkurs-Seiten vermittelt werden.
Wäre es für Sie interessant über Kanäle wie facebook & Co. ein direktes Kundenfeedback zu erhalten?
Ein direktes Kunden – Feedback ist immer interessant und auch hilfreich.
Arbeiten Sie auch mit Jungdesignern oder Modeschulen zusammen?
Nein, ich arbeite überwiegend alleine, hole mir allerdings bei Bedarf hin und wieder zusätzliche Unterstützung bei einem Designstudio.
Deichmann ist ja weltweit vertreten. Betrachten Sie vorab die „Geschmacksrichtungen“ in den diversen Ländern? Berücksichtigen Sie diese in Ihren Entwürfen?
Da wir auch sehr viel im Ausland unterwegs sind – auf Inforeisen, bei Modemessen, zu Besuch in unseren Filialen – werden die aufgesaugten Informationen natürlich berücksichtigt und fließen in die Deichmann-Gesamtkollektion mit ein.
Kann man auch innerhalb eines Landes unterschiedliche Stilrichtungen beobachten? Gibt es z.B. einen Ruhrgebiets-Schuh, der nur in dieser Region angenommen und verkauft wird?
Ja, das gibt es tatsächlich! Warme Winterboots verkaufen sich in Süddeutschland besser als am flachen Niederrhein – das liegt natürlich an den wetterbedingten Gegebenheiten. Oft ist aber auch ein Ost-West-Unterschied im Geschmack zu beobachten: Einige Schuhtypen, die in den östlichen Bundesländern Bestseller sind, gehen im Westen Deutschlands eher nicht, und umgekehrt genauso.
In welchen Schuh lohnt es sich zu investieren, weil er ein Klassiker ist und bleibt?
Sneaker!
Würden Sie auch mal gern einen ganz verrückten, grellen, visionären Schuh kreieren?
Das wäre genial!